Das Bundesteilhabegesetz regelt, dass Menschen mit Körperbehinderungen am Arbeitsleben teilnehmen können. Die Einbeziehung von Risikogruppen könnte ähnlich zu regeln sein. Alter und Vorerkrankungen vermindern die Chancen zur Berufsausübung ähnlich wie eine Körperbehinderung, weil man nicht mehr voll und überall einsatzfähig ist. Mit überschaubarem Aufwand kann die Einsatzplanung an die Gegebenheiten angepasst werden.
Wichtig ist, dass möglichst viele Pädagogen aus Risikogruppen einbezogen werden. Fällt Unterricht aus, führt die verloren gegangene Unterrichtszeit zu schlechterer Qualifikation und in der Folge zu schlechteren Erwerbsaussichten. Der Nachwuchs ist doppelt gestraft, weil er mit den Steuern und Sozialabgaben in zukünftigen Jahrzehnten die Kosten der gegenwärtigen Pandemie abtragen muss. Der Traum von der Schwarzen Null im Staatshaushalt ist in weite Ferne gerückt.
Unterrichtsausfälle können durch Arbeitsteilung minimiert werden
In der Abbildung wird am Beispiel der Unterrichtsplanung der notwendige Wechsel zu einer agilen Planung deutlich: Vor den Shutdown-Szenarien war die Stundenplan-Gestaltung vergleichsweise einfach. Schüler und Lehrer mussten nach den Vorgaben der Lehrpläne auf die Schulräume verteilt werden, und zwar so, dass maximale Zufriedenheit bei Schülern, Eltern und Lehrern herrschte.
Jetzt verkompliziert sich das. Schüler haben zuhause passende Möglichkeiten zur Teilhabe am Unterricht via Internet ODER auch NICHT. Lehrer haben Gesundheitsrisiken ODER auch NICHT. Unterricht kann an den üblichen Orten stattfinden ODER auch NICHT.
Bei der zukünftigen Planung müssen die „ODER auch NICHT“-Fälle betrachtet werden. Jede neue Fallunterscheidung bei der Planung verdoppelt die Anzahl der denkbaren Planungsvarianten.
Die folgenden Ausführungen behandeln, wo Überlegungen zu agilen Planungen notwendig sind:
Schüler
Wenn Schüler nicht von Zuhause am Distanzlernen teilnehmen können, weil sie sozial benachteiligt sind oder in einer Internet-freien Zone wohnen, könnte man diesen Nachteil abstellen, indem man für sie einen Platz sucht, an dem sie per Internet am Schulunterricht teilnehmen können. Wenn diese Schüler keine eigenen Geräte haben, könnten dazu kurzfristig die vorhandenen Geräte aus öffentlichen Einrichtungen, d.h. Schule, VHS usw. ausgeliehen werden. Wenn der aktuelle Standort dieser Geräte ungeeignet ist, könnte man die Geräte in Räumen aufstellen, die mit WLAN ausgestattet sind und wo die Abstandsregeln eingehalten werden können. Gegebenenfalls könnten auch Räume in Hotels oder Jugendherbergen genutzt werden, weil diese im Falle eines erneuten Lockdowns sowieso für normale Nutzung ausfallen.
Bis zum nächsten Lockdown müssen alle Schüler vorbreitet werden, damit sie im Bedarfsfall den Rechner in Betrieb nehmen können, um an einer Videokonferenz teilzunehmen und Materialien von der Schulplattform auf Basis von Moodle, Ilias o.ä. abrufen zu können.
Lehrer
Jeder Lehrer muss durch eine Fortbildung in die Lage versetzt werden, an Videokonferenzen teilzunehmen und diese auch zu leiten, wenn der nächste Lockdown kommt und Unterricht unverzüglich per Homeschooling via Videokonferenz stattzufinden hat. Viele Lehrer gehören wegen des Alters oder Vorerkrankungen zu Risikogruppen, so dass sie auch bei Wiederaufnahme des Schulbetriebs für den Regelbetrieb ausfallen, bis sie geimpft wurden. Im Regelbetrieb der Schule sind sie nicht zu verantwortenden Risiken ausgesetzt.
Wenn ein Teil des Unterrichts wieder in der Schule stattfindet, erscheint eine Arbeitsteilung der Lehrer plausibel. Sie ist sinnvoll, weil Risikogruppen nicht zur Schule kommen können und sich vielleicht krankschreiben lassen, wenn man ihre Anwesenheit einfordert. Jüngere Lehrer könnten den Unterrichtsanteil übernehmen, der nicht per Distanzlernen von zu Hause machbar ist, z.B. Sport, Musik und Experimente in naturwissenschaftlichen Fächern. Im Gegenzug müssen sie von anderen Dingen entlastet werden, die auch die Risikogruppen im Home-Office übernehmen können, z.B. Hausaufgabenkontrollen, Lernkontrollen und für Vorbereitungen von Prüfungen und Präsentationen. In Studium und Ausbildung werden Prüfungen schon lange von Gremien durchgeführt, die nicht den Unterricht durchgeführt haben. Prüfungsinstanzen haben nur festzustellen, ob das Studium oder die Ausbildung erfolgreich abgeschlossen wurde.
Wenn also eine Trennung zwischen Unterricht und Zertifizierung von Leistungsständen herbeigeführt wird, können die Risikogruppen Tätigkeiten übernehmen, die einen hohen Zeitaufwand bedeuten, z.B. das Nachsehen von Abiturarbeiten.
Was sich seit Jahrzehnten in der dualen Ausbildung bewährt hat kann man in angepasster Form auch auf die Schule übertragen. Wer sich die Abschlussprüfungen bei der dualen Ausbildung nicht vorstellen kann, denke an den Erwerb des Führerscheins für Kraftfahrzeuge oder den Computerführerschein. Dort war der Fahrlehrer oder IT-Trainer auch nicht der Prüfer. Das Verhältnis zwischen Unterrichtenden und Schülern ist entspannter, wenn das Verhältnis nicht durch das Notenbuch belastet wird.
Falls Schüler mit der „Fremdbenotung“ ihrer schriftlichen Arbeiten nicht einverstanden sind und dadurch eine Nichtversetzung droht, könnte ein zweiter Gutachter prüfen, ob die Reklamation berechtigt ist.
Räume
Statt im realen Klassenzimmer oder Fachraum gibt es beim Fernunterricht oder Onlineschooling virtuelle Räume. Dort versammeln sich Lehrer und Schüler standortunabhängig zum Unterricht. In den ersten Stunden ist das noch für alle ungewohnt. Wenn die anfängliche Unsicherheit gewichen ist, werden die Resultate beim Videopräsenzunterricht kaum anders sein als beim Präsenzunterricht in der Klasse. Der Lehrer hat sogar mehr Möglichkeiten, Ruhe in der Klasse herzustellen, weil Störern notfalls das Mikrofon und die Kamera aus der Ferne abgestellt werden kann. Wer sich nicht benimmt, erhält die gelb-rote Karte und wird das wahrscheinlich in Zukunft in den Videokonferenzen nicht wiederholen.
Videokonferenzen bilden den synchronen Teil des Unterrichts ab. Eine Lernplattform dient zur Bereitstellung von Materialien und zur Entgegennahme von Beiträgen in Form von Hausaufgaben oder Lernkontrollen. Das ist der asynchrone Teil. Dort könnten auch Aufzeichnungen des Unterrichts gespeichert werden, damit verpasster oder nicht verstandener Stoff nachgearbeitet werden kann.
Beim Fernunterricht können neue Formate umgesetzt werden, z.B. die Methode des Flipped-Classroom, wenn Schüler der Oberstufe die nötige Reife zeigen. Die durch den Einsatz von Videokonserven und weiteren Materialien freigeschaufelte Zeit eines Fachlehrers könnte dieser einbringen, um schwächere Schüler zu fördern oder sehr gute Schüler mit Herausforderungen zu fordern
Bei der Fortbildung Erwachsener funktioniert Fernunterricht per Videokonferenz seit Jahren. Die dort eingesetzten und zertifizierten Videokonferenzplattformen können sofort für den Schulunterricht eingesetzt werden.
Selbst wenn alle Räume von allen Schülern und Lehrern wieder in der Schule betreten werden können, sind die Erfahrungen aus dem Distanzlernen in der Coronazeit wertvoll. Sie bereiten Schüler und Lehrer nicht nur für die nächste Pandemiewelle vor, sie sind auch eine gute Vorbereitung auf Berufe, die ganz oder teilweise aus dem Home-Office ausgeübt werden können. Interessierte können über die Plattform https://eduthek.com vom Autor dieser Betrachtungen erfahren, wann kostenlose Einweisungen mit unterrichtswirksamen Videokonferenzsystemen stattfinden, um dann weiterführende Überlegungen zum Distanzlernen anzustellen.